Ikea zerstört russische Urwälder Mittwoch, 30. Mai 2012 / 09:00 Uhr
Markenexperte: Glaubwürdigkeit des Möbelriesen auf dem Spiel
Der Möbelhersteller zerstört wertvolles Waldgut in Nordrussland.
Stockholm/Wien - Mit «Wir lieben Holz» und Bekenntnissen zu nachhaltiger Forstwirtschaft präsentiert sich der Möbelgigant Ikea seit Jahren als Garant für sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltiges Holz. NGOs bezeichnen diese Haltung jedoch als Mythos: Wie ein investigativer Bericht des schwedischen Fernsehens zeigt, fällt die Ikea-Tochter Swedwood jährlich über fünf Quadratkilometer alte Waldbestände der nordrussischen Region Karelia, deren Erhalt hohen Umweltwert besitzt.
Aufschrei der Umwelt-NGOs
Ikea führt in seinen Mindestanforderungen für Holzlieferanten an, dass das Unternehmen kein Holz aus intakten natürlichen Waldbeständen oder geschützten Wäldern bezieht. «Dass Ikea nicht in Altbeständen operiert, stimmt aber nicht», sagt Olga Ilina, Waldexpertin bei der in Karelia tätigen Umwelt-NGO SPOK, gegenüber dem Inter Press Service. Laut der Expertin bestehen in Karelia nur noch zehn Prozent der ursprünglichen Wälder. Das schwedische Möbelhaus, bei dem 60 Prozent des Produktsortiments Holz enthält, trägt wesentlich zur Dezimierung bei.
Reaktionen darauf erfolgten schlagartig: Die aus NGOs von 40 Ländern bestehende Global Forest Coalition verurteilte Ikeas Russland-Aktivitäten scharf, die schwedische NGO «Protect the Forest» dokumentierte die Swedwood-Rodung von bis zu 600 Jahre alten Bäumen in Karelias im Nordwesten nahe der finnischen Grenze. Umweltschützer werden nicht müde zu betonen, dass der russische Waldgürtel gemeinsam mit den tropischen Regenwäldern enorme Funktionen für das Leben auf dem Planet Erde besitzt, viel Treibhausgas CO2 bindet und Tausenden Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause bietet.
Spiel mit dem Feuer
Als «brandgefährlich für Ikea» stuft Markenexperte Oliver Schmitt den Fall gegenüber pressetext ein. «Für Unternehmensriesen wie Ikea ist es trotz der Vielzahl von Lieferanten immens wichtig genau zu prüfen, woher die einzelnen Ressourcen stammen und unter welchen Bedingungen produziert wird. Derartige Zwischenfälle untergraben die Glaubwürdigkeit als Marke und können schnell hohe Wellen schlagen - mittel- und langfristig, jedoch auch kurzfristig, wenn etwa Kunden binnen Tagen über Online-Petitionen mobil machen», so das Urteil des Fachmanns.
Je gesellschaftlich breiter eine Marke aufgestellt ist, desto weniger könne sie sich Skandale leisten, betont Schmitt. «Zielgruppen, die nur auf den Preis schauen, sind am Verschwinden. Für die Ikea-Kommunikation wäre es das beste, nach einer Prüfung den Fehler öffentlich einzugestehen, den Holzschlag in dem betroffenen Gebiet zu beenden und auch zu erklären, wie derartige Vorfälle in Zukunft vermieden werden.» Bisher hat IKEA über seinen Sprecher Anders Hildemann die Vorwürfe bloss zur Kenntnis genommen und betont, man wolle den Prinzipien weiter treu bleiben. Ein Treffen mit schwedischen NGOs wurde abgeblasen.
(laz/pte)
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